Dienstag, 29. Dezember 2020

Mein Weg zu Linux

Vor etwa einem Jahr hatte ich den Vorsatz, dem Betriebssystem Microsoft Windows den Rücken zu kehren und von nun an meinem Weg mit Linux als Betriebssystem für meine PC's zu bestreiten. 

Sicherheitshalber habe ich gleich meinen Haupt-Rechner für dieses Experiment verwendet, da man ja sonst weniger Druck hat, sich mit der Materie zu beschäftigen - und das sollte man auch tun, wenn man so einen Entschluss fasst. 

Beweggründe dafür gabs einige. Zum einen sind die Open Source Lösungen kostenfrei, zum anderen deutlich sicherer was Viren betrifft als die Software des Marktführers. Noch dazu ist man nicht auf eine Darstellung des Desktops beschränkt, sondern kann aus einer Vielzahl von Varianten, welche selbst noch verändert werden können, wählen.

Von Linux gibt es nicht nur ein Betriebssystem, sondern unzählig viele, da ja jeder, der das möchte, sein System nach seinen Wünschen ändern und dann veröffentlichen kann. Das entstandene Betriebssystem wird dann Distribution - kurz Distro - genannt. 

Von der Marktaufteilung sieht es dann aber so aus, dass etwa 90% der PC's mit Windows (Microsoft) laufen, 4% mit Mac OS (Apple), nur 2% mit Linux, und die restlichen 4 % sich auf unterschiedliche Systeme aufteilen. Die 2% von Linux teilen sich dann wiederum auf die unterschiedlichsten Distributionen auf. Also bleibt da für jede einzelne Distro nicht mehr viel übrig... Global gesehen sind die 2% aber doch so enorm, dass sich die Pflege und Wartung der Betriebssysteme dennoch auszahlt und man ausgezeichneten Support von erfahrenen Benutzern in den Foren bekommt.


Wie findet man aber nun die richtige Distro für sich?


Schwierige Frage. Bei mir war's das oft verpönte Distro-Hopping und der eine oder andere Kollege, welcher von Linux mehr Ahnung hatte als ich. 

Man sollte sich zuerst ein Grundsystem und danach eine Oberfläche (Desktop) aussuchen, die einem gefällt. 

Grob gesagt gibt es vier Grundsysteme, auf denen die ganzen Distributionen aufbauen. Hier ist wohl Debian der bekannteste Vertreter. Debian setzt auf Stabilität. Deshalb wird man in Debian-basierten Distributionen nie die aktuellste Software, sondern nur die Stabilste vorfinden. Das geht allerdings nicht auf Kosten der Sicherheit - Sicherheitsupdates hat man immer die aktuellsten.

Arch Linux hingegen setzt immer auf die aktuellsten Pakete, was aber oft zu Problemen führen kann. Ist mehr was für Fortgeschrittene. 

Red Hat kommt eher in professionellen Anwendungen zum Einsatz und ist meist auch kostenpflichtig. 

Dann gibt es noch slackware linux, womit ich mich noch nicht auseinandergesetzt habe, da es nicht so häufig eingesetzt wird. Suse ist hier der bekannteste Vertreter.


Ich persönlich habe meine Suche auf die ersten beiden Grundsysteme beschränkt, wobei ich Arch Linux direkt nicht ausprobiert hatte, sondern Manjaro, welches mit seiner Aktualität gegenüber Arch etwa zwei Wochen hinterherhinkt, und dadurch deutlich stabiler läuft. Man muss aber eindeutig mehr daran schrauben, bis alles so funktioniert wie man es gerne hätte. Drucker einrichten funktioniert weitaus komplizierter als es bei Ubuntu (ein Debian Abkömmling) der Fall ist und auch das Office-Paket (LibreOffice) muss erst umständlich auf Deutsch umgestellt werden. In Summe hat zwar alles funktioniert und auch findet man für jedes Problem eine Lösung im Forum, jedoch wollte ich nicht permanent an meinem System herumschrauben.

Darum habe ich mich von der Arch-Welt verabschiedet und mich in der Debian-Welt umgeschaut. Aus optischen Gründen hatte ich mich für das Deepin Linux entschieden, welches für mich einen äußerst funktionellen Eindruck machte. Komischer Beigeschmack: Es ist von den Chinesen entwickelt und hat den Ruf, Daten zu sammeln - was ja bei vielen auch ein Grund ist, weshalb sie die Windows-Welt verlassen. Tja, und will man dann damit einen zweiten Monitor betreiben, ist Schluss mit lustig. Das hat dann überhaupt nicht funktioniert. 


Darum bin ich zu den Ubuntu basierten Systemen gekommen, die auf Debian aufbauen. Hinter Ubuntu steckt die Firma Canonical, welche seit Jahren die Entwicklung vorantreibt. Hier wird sehr viel Augenmerk auf die Nutzerfreundlichkeit gelegt und das ist auch der Grund, warum es so stark verbreitet ist. Bei Ubuntu funktioniert das meiste "out of the Box", sogar die meisten Grafikkarten werden unterstützt. Darum gibt es auch einige andere Distributionen die auf Ubuntu als Basis aufbauen. 

Ein sehr bekannter Vertreter ist hier Linux Mint. Linux Mint verbessert nochmal die Nutzerfreundlichkeit und hat dazu eine eigene Oberfläche entwickelt, welche sich Cinnamon nennt. Windows Umsteiger werden sich hier wohl fühlen. Es lässt sich intuitiv bedienen und tut das, was es soll: funktionieren. Der Cinnamon Desktop lässt auch im beschränkten Masse anpassen. Bei mir machte dann aber der Dateibrowser "Nemo" Probleme beim Zugriff auf die Netzwerkfestplatte. Bei längerer Benutzung wuchsen die Zugriffszeiten ins Unermessliche. Obwohl ich mit Mint derart zufrieden war, konnte ich mit diesem Umstand nicht Leben, sodass ich erneut die Distro wechselte. 


Grafische Oberflächen


Wie schon weiter oben angedeutet kann man bei Linux unter mehreren grafischen Oberflächen wählen. Neben der Optik (Startmenü, Leisten,...) werden auch die Einstellungen über das Desktop Environment gesteuert. Will man sich nicht auf eine Umgebung beschränken kann man sich auch zwei oder mehrere Desktops auf sein System installieren, und dann im Betrieb zwischen den Umgebungen wechseln. Sowas wäre bei Windows undenkbar. Da kann man gerade mal die Farbe der Startleiste ändern....

Die oben genannten Deepin und Cinnamon Oberflächen waren ursprünglich nur mit deren eigenen Distros erhältlich. Mittlerweile lassen sich aber beide Desktop Oberflächen auch auf anderen Distributionen installieren. 

Die gängigsten Oberflächen:

  • Gnome - futuristischer, an Mac OS angelehnter Desktop. Ubuntu wird damit ausgeliefert. Die Einstellungsmöglichkeiten sind beschränkt, kann aber durch Installation von speziellen Programmen modifiziert werden.  Entweder man mag ihn, oder man mag ihn nicht.

  • KDE sehr moderne und gepflegte Oberfläche mit kaum enden wollenden Einstellungsmöglichkeiten. Klassisches Startmenü. Nahezu alles kann verändert werden. Ist der Desktop meiner Wahl. Ubuntu mit KDE wird unter Kubuntu veröffentlicht.

  • Cinnamon. Windows ähnlich. Wird hauptsächlich von Linux Mint verwendet. 

  • XFCE - Das Leichtgewicht. Läuft auch auf älteren und schwächeren Rechnern. Sehr viele Einstellungsmöglichkeiten zur Individualisierung. Nicht ganz so modern. Ubuntu mit XFCE wird unter Xubuntu vertrieben.

  • Mate - Stammt meines Wissens nach von einer früheren Gnome-Version ab, bevor diese durch Ubuntu verändert wurde. Die Oberfläche zeichnet sich durch ihre zwei Leisten aus. Ich selbst hatte diese aber nie im Einsatz.

  • und viele mehr  - Das würde aber den Rahmen sprengen


Mein System


Nach vielen ausprobieren bin ich bei der KDE Plasma Oberfläche mit Ubuntu Unterbau (Kubuntu) hängen geblieben. Hätte Linux Mint den KDE Desktop weiterhin angeboten (die haben das Projekt vor einigen Jahren eingestellt), könnte ich nicht sagen, ob ich zu Kubuntu gewechselt wäre oder Mint die Stange gehalten hätte.

Ganz zufrieden war ich mit der KDE-Grundeinstellung auch nicht, sodass ich meinen Desktop abgeändert habe. Meine Favoriten, also Programme, die ich sehr oft brauche, habe ich mir direkt an die untere Leiste angeheftet. So muss ich nicht erst das Menü öffnen, um zu den Favoriten zu gelangen - ich kann die Programme jetzt direkt mit nur einen Klick öffnen. Platziert habe ich diese dann optisch abgetrennt vom Startmenü, in der Mitte der Leiste. Das sieht gut aus und ist äußerst funktionell, wie ich finde. 

Mit einer KDE-Leiste wäre diese Funktion auch realisierbar, wie ich jetzt im Laufe der Zeit gelernt habe, ich habs aber mit dem Latte Dock realisiert.  Mein Desktop:


Das Terminal, sprich die Befehlseingabe via Text, benötigt man bei KDE nur noch selten. Das meiste geht grafisch. Ganz ohne gehts aber dann doch nicht. Gut, bei Windows braucht man die Kommandozeile auch ab und an...

Wirklich lästig wird Linux beim Einbinden von Netzwerklaufwerken oder anderen Festplatten. Dazu muss die Datei /etc/fstab händisch editiert werden, damit die Laufwerke eingebunden werden können. Soviel ich weiß kann Linux Mint das schon grafisch, aber ohne Vorkenntnisse gehts nicht. Soviel Innovation auch in den Distributionen enthalten ist, wird hier noch mit mittelalterlichen Methoden gearbeitet. Das Thema brachte mich zu Beginn meines Experiments zum Verzweifeln. Ich sag's nur ungern, aber Windows hat hier eindeutig die Nase vorn.


Über alles gesehen bin ich aber mit Linux voll und ganz zufrieden. Einen Windows Rechner greife ich nur mehr dann an, wenn's wirklich nicht mehr anders geht. 

Office Anwendungen (auch Microsoft Office Formate können editiert und erstellt werden), Bildbearbeitung, Videoschnitt, CAD und vieles mehr, lassen sich bequem mit Open Source Anwendungen erledigen und das alles frei von Kosten. Es ist echt erstaunlich welche gewaltigen Tools im Laufe der Zeit neben den kostenpflichtigen Programmen entstanden sind. 


Ein spannendes Experiment, welches ich sicher wieder machen würde! 😃



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen